Die Interessen waren vielseitig: Fußgänger wollen Platz und Ruhe, Fahrradfahrer bessere Abstellplätze für’s Bike und die Autofahrer einen Parkplatz – überraschend: nicht immer in der Stadtmitte. Dazu kamen die Wünsche von Geschäfts- und Gewerbetreibenden sowie den Altstadtbewohnern. Die Vorlieben der einzelnen Gruppierungen zu bündeln und zu quantifizieren war das Anliegen! Eine Befragung durch die FDP ergab ein sehr unterschiedliches Meinungsbild.

Beim Liberalen Stammtisch Wangen im November haben Sebastian Scherer (Vorsitzender der FDP Württembergisches Allgäu) und sein Stellvertreter Stephan Bulmer die Ergebnisse der Bürgerbefragung „Altstadtverkehr & Autofreie Altstadt Wangen“ vorgestellt.
„Verkehr und Parken“ ist seit Jahren ein Dauerthema. Zuletzt wurde im Sommer 2023 zu diesem Frage z.B. an vier Wochenenden ziemlich unrühmlich die „Testphase zur Reduzierung des Individualverkehrs“ umgesetzt. Fehlende Kommunikation mit den Anwohnern und Gewerbetreibenden, keine Informationen für Gäste, Kunden und Besucher der Altstadt haben Kopfschütteln, Ärger und Verdruss gebracht.

Das Projektteam bei der Vorstellung der Ergebnisse: Stephan Bulmer (stellv. Ortsvorsitzender), Sebastian Scherer (Ortsvorsitzender der FDP Württembergisches Allgäu) und FDP-Stadtrat Frank Scharr. Bildrechte: Schwäbische Zeitung / Susi Weber – vielen Dank für die Bereitstellung!

Nachdem auch ein Jahr später von seiten der Stadt Wangen keine Reaktion auf den Vorgang kam, und auch erkennbar keine Auswertung des Versuchs unternommen wurde, hat sich die FDP in Wangen daher im Herbst 2024 gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, den Anwohnern, Gewerbetreibenden und nicht zuletzt mit den Besuchern und Kunden der Altstadt in Wangen versucht herauszufinden, wie sich nach den Vorstellungen der einzelnen Interessensgruppen der Verkehr am Besten darstellen lässt.
Knapp 1000 Fragebögen haben die Liberalen ausgegeben, davon rund 640 per Postwurf in der Altstadt, 100 bei Passantenbefragungen und rund 250 – geschätzt – über den Download bei Aufruf des Beitrags auf der Website.

136 Fragebögen sind zurückgekommen, die Rücklaufquote liegt demnach bei 13,7 Prozent. „Es hätten gerne mehr sein dürfen – ich bin aber schon froh, die in Händen halten zu dürfen“ sagt der Vorsitzende der FDP in Wangen, Sebastian Scherer. Repräsentativ ist die Umfrage damit in der Gesamtbetrachtung, die Aussagekraft für die befragten Interessengruppen Anwohner, Händler und Gewerbetreibende, Kunden und Touristen ist hingegen eingeschränkt.
Dennoch, so sagte es auch die FDP-Projektgruppe von Sebastian Scherer, Stephan Bulmer und Frank Scharr, lassen sich gewisse Erkenntnisse gewinnen.

Wer hat sich an der Umfrage beteiligt?
20 Händler, 62 Altstadtbewohner, 67 Kunden und fünf Touristen (Mehrfachangaben waren möglich).
Bei der Altersstruktur waren fünf Personen unter 25 Jahre alt, 25 zwischen 25 und 40 Jahre, 29 zwischen 40 und 60 Jahre und 73 über 60. „Dies entspricht auch in etwa der beobachteten Altersstruktur der Altstadtbesucher“, sagte Sebastian Scherer: „Ältere Menschen und Rentner kommen häufiger in die Stadt – wenngleich jüngere sich erkennbar häufig vor der Beantwortung des Fragebogens gesträubt haben.“ „Der Altersschnitt unserer Befragten entspricht aber nicht dem Altersdurchschnitt der Wangener Bevölkerung“ stellt Scherer klar.
Welche Rückmeldungen gab es gab es denn bei den Wünschen zum Altstadtverkehr? Sehr gespaltene. Je zur Hälfte wünschen die Befragten im Gesamten „keinen Verkehr in der Altstadt“, die Gegenseite „es sollte so bleiben, wie es ist“.

Die FDP Wangen am Infostand am 26.10.2024 – Befragung der Bürger zum Thema Altstadtverkehr.

Mehr als 50 Prozent meldeten aber als Wunsch auch die Reduzierung des Parkplatzsuchverkehrs zurück. Auffällig sind die Unterschiede in den Interesgruppen:
Vor allem Kunden und Anwohner möchten gerne eine Reduzierung- und Beschränkung des Individualverkehrs. Die Händler sprechen sich unter anderem für die Einführung eines elektronischen Parkleitsystems, aber auch höhere Gebühren in der Altstadt aus.

„Ein Problem, das wir im Rahmen der Befragung ausgemacht haben ist das Be- und Entladen“, sagte Stephan Bulmer, stellv. Vorsitzender des Ortverbandes. Nicht nur Anwohner sehen hier Verbesserungspotential, sondern insbesondere Händler (vermutlich auch im Hinblick auf ihre Kunden).
Im Wunsch-Ranking der Plätze eins bis drei stehen „mehr Radabstellplätze“ ganz oben, dicht gefolgt von „weniger Verkehr“ und „mehr Platz zum Flanieren“.

Wie und warum kommen die Menschen in die Altstadt?
„Überraschenderweise kommt der Hauptteil der Befragten zu Fuß in die Altstadt“ stellt Sebastian Scherer fest. Danach folgen in absteigender Reihenfolge per Pkw/ Transporter oder per Rad. Der ÖPNV spielt eine sehr untergeordnete Rolle.

Detaillierte Zahlen finden sich in der Präsentation, die sich auf dieser Seite weiter unten einsehen und downloaden lässt. Die Fortsetzung des Analyse-Textes finden Sie nach den Dokument.


Ergebnisse der Befragung (Download der Präsentation vom 14.11.2024)

Eine 51-Prozent-Mehrheit gab es bei der Frage, ob ein Pkw-Verzicht in der Altstadt denkbar wäre. Eine ablehnende Haltung hatten bei dieser Frage die Händler.
Bei jenen, die auf die entsprechende Frage mit „nein“ antworteten, sind es insbesondere das Be-und Entladen, aber auch eine eingeschränkte Mobilität verbunden mit der Aussage, keine oder eine schlechte ÖPNV-Anbindung zuhaben.

Gründe für den Altstadtbesuch und die damit verbundene Parkplatzsuche sind nicht nur das Einkaufen, sondern auch Arzt-, Apotheken-, Amts- und Gastronomiebesuche. Für Anwohner und Händler sind das Be-und Entladen die Hauptgründe.

Rund 75 Prozent der Befragten sehen bei der Anzahl der Radabstellflächen in der Altstadt Handlungsbedarf. Vor allem Verbraucher und Anwohner sehen die Situation als „verbesserungswürdig“ oder „stark verbesserungswürdig“.
Wie würde sich die „Autofreie Altstadt“ nach Einschätzung der Befragten auf das Geschäft von Händlern auswirken? 63 Prozent der Händler sagen: negativ.
Noch deutlicher fiel das Urteil der Händler in einer Befragung im Sommer 2023 durch CDU-Stadtrat Otto Joos aus, bei der 90% zurückgemeldet hatten, im Testzeitraum der verkehrsfreien Altstadt Umsatzbeinbußen hinnehmen zu müssen.

Altstadtbesucher könnten sich zwar mit knapper Mehrheit vorstellen, danach häufiger zu kommen – ob dabei dann aber konkrete Konsumabsichten bestehen war nicht Teil dieser Befragung. Probleme sehen in mehreren, ergänzend gemachten Rückmeldungen vor allem von von Personen mit Mobilitätseinschränkungen, die dann laut eigener Aussage „gar nicht mehr“ kommen würden oder könnten.

Die FDP stuft die Ergebnisse ihrer Umfrage selbst als „komplexes Thema ein, in dem sich unterschiedliche Interessengruppen diametral gegenüberstehen.“

Empfehlungen sprach die Projektgruppe der Liberalen zunächst nicht aus, sondern sieht lediglich Handlungsbedarf bei Radabstellplätzen, der Reduzierung des Parkplatzsuchverkehrs und beim Be-und Entladen. Als „auffällig“ beschrieb Sebastian Scherer die als unzureichend betrachten Parkmöglichkeiten in Altstadtnähe – während die Situation direkt in der Altstadt vom überwiegenden Teil der Befragen als in Ordnung angesehen wird.